Ein Artikel der Arbeitsgruppe Mühlenberger Gespräche für die Stadtteilzeitungen Ricklingen, Wettbergen, Mühlenberg und Bornum
Der Versuch der Implementierung des Neoliberalismus als einzige herrschende Ideologie weltweit.
Am 02. November 2014 hatten wir Andreas Brändle bei uns. Er ist Wirtschaftswissenschaftler, Mitglied bei Attac und gehört zu jenen, die über die zur Zeit stattfindenden Verhandlungen über den Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen Europa und den USA bestens unterrichtet sind. Zunächst erläuterte er die Begriffe TITT und TISA, die in der letzten Zeit in allen Medien oft zu lesen und zu hören waren. Hinter TTIP steht Transatlantic Trade and Investment Partnerchip, genauer: Freihandelszone zwischen Europa und den USA, Hinter TISA steht Trade in Services Agreement – Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen.
TTIP soll dem Schutz von Investoren dienen, weltweit. Um dies deutlicher zu machen, hier einige Vorbemerkungen. Was nach dem Sturz der Allende Regierung in Chile 1973 durch die Errichtung einer Militärdiktatur unter Pinochet unter tatkräftiger Mithilfe des CIA und dem ökonomischen „Strippenzieher“ Milton Friedman – einer der Väter des Neoliberalismus – und seinen „Chicago Boys“ exemplarisch seinen Anfang genommen hat, soll zukünftig als alleinige Staatsdoktrin weltweit umgesetzt werden. Hierfür sollen TTIP und TISA , die parallel verhandelt werden, als Instrumente dienen.
TTIP wird zurzeit in Genf geheim verhandelt. Das Wenige was zur Zeit durch die Mauern dringt, ist bzw. muss jedem Mitbürger unvorstellbar erscheinen. Selbst die Bundesregierung musste kürzlich auf eine kleine Anfrage der Grünen eingestehen, nicht gänzlich informiert zu sein. Einmal angenommen, das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Europa, Amerika und den USA ist, dass alles dem neoliberalem Credo, oder anders ausgedrückt, dem „freien Markt der Kräfte“ unterworfen wird, dann müssten demnach auch alle Gesetze und Verordnungen in Deutschland von der Bundes- bis zur Kommunalen Ebene überprüft und ausgerichtet werden. Somit könnte man dann auch gleich mit dem lästigen Umwelt- und Verbraucherschutz aufräumen. Damit kein Bereich von der neoliberalen Einflussnahme ausgespart bleibt, wird zugleich mit TTIP auch TISA verhandelt. Noch kurz vor Ende der Legislaturperiode hat das Europaparlament mit den Stimmen der Abgeordneten der SPD, der CDU und der FDP und gegen die Stimmen der Vertreter der Linken und der Grünen den Investorenschutz im Rahmen von TTIP beschlossen,, grünes Licht für die Einrichtung für die Einrichtung von Schiedsstellen gegeben und dabei gleich noch deren bindende Wirkung festgelegt.
Was an der Entwicklung der zur Zeit noch laufenden Verhandlungen in Genf und in den Ländern Europas besonders beklagenswert ist, das ist die Tatsache, dass die Haltung nicht nur der Parteien sondern sogar in der breiten Öffentlichkeit, mit Vorsicht ausgedrückt, ambivalent ist. Wer weiß denn schon, selbst in den Parteien, was für eine weltweite Macht sich hinter den neoliberalen Investoren verbirgt. Dies gilt erst recht für ihre unüberschaubaren und vermutlich kaum hinnehmbaren Pläne. Soweit man hört., soll sich ihr Vermögen auf 300 Billionen Dollarbelaufen (300.000000.000.000 $).
Früher dienten solche Freihandelsabkommen, von denen es weltweit ca., 3000 gibt, und die zumeist bilateral abgeschlossen wurden, dem Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen. TTIP hat dagegen eine ganz andere Qualität . So soll das Abkommen zwischen den beiden größten Wirtschafts- und Finanzmärkten – China einmal ausgenommen – abgeschlossen werden. Davon sind ca., 75.000 Konzerne diesseits und jenseits des Atlantiks , einschließlich deren Klagemöglichkeiten betroffen. Zudem ist mit dem Abschluss eine Aushebelung demokratischer Errungenschaften und des Parlamentarismus verbunden.
Nicht ohne Grund hat deshalb die Otto – Brenner – Akademie, Treffpunkt der Generationen beschlossen, dieses Thema, wichtig für die weitere Entwicklung in Deutschland, Europa und der ganzen Welt, in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen.Bereits die erste Versammlung am 26,.Januar 2015 im Freizeitheim Linden, Windheimstraße 4, Raum 5, stand unter dem Thema Politische Ökonomie des Kapitalismus. Weitere Versammlungen fanden statt an gleicher Stelle jeweils von 17 bis 18.30 Uhr am 23. Februar, Thema Krisen im Kapitalismus, am 23. März, Thema Angebots. Und Nachtfragetheorien, und schließlich am 27. April Konzeption der Wirtschaftsdemokratie. Dafür verantwortlich sind Reinhard Schwitzer, Walter Fabian und Herbert Knust. Gäste sind herzlich willkommen.
Horst Kliemann