Aus dem Grußwort von Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne zu Ehren von Orli Wald am 8. März 2018 auf dem Stadtfriedhof Engesohde.
Draußen scheint die Sonne warm,
hier bei uns ist alles trübe.
Ach, wie ist das Leben arm
ohne Freiheit, ohne Liebe.
Vor dem Tore eicht die Freude,
hier bei uns ist alles grau.
Läg‘ ich doch in grüner Heide,
säh’ ich doch den Himmel blau.
Wär’ mein Herz doch kalt und tot,
dann könnt’ ich es leichter ertragen.
Doch mein Blut ist jung und rot.
Jedem möchte mein Leid ich klagen.
Das Gedicht spiegelt den Seelenzustand einer jungen Frau, die weiß, dass Nazi-Deutschland ihr das Leben nehmen will, und ist geprägt von Sehnsucht, Sentimentalität und Hoffnungslosigkeit. Wahrscheinlich hat Orli das Gedicht immer mal wieder für sich aufgesagt, um den Terror zu ertragen, den sie bis zur Befreiung erleiden musste.
Wäre Orli haute noch am Leben, dann wäre sie sicherlich hoch erfreut über den Einsatz der Anwesenden. Eines allerdings würde sie schier zur Verzweiflung treiben. In acht Tagen, am 16. März marschieren — wie schon seit etlichen Jahren — lettische Neofaschisten durch die Hauptstadt Riga, um die lettischen SS-Verbände zu ehren, also jene Menschen, die Handelnde im Holocaust waren. Was sie dabei besonders abstoßend fände, ist die Tatsache, dass diese Verbrecher von der Bundesrepublik Deutschland mit Renten versorgt wurden oder — so sie denn noch leben — versorgt werden. Dagegen würde sie öffentlich aufschreien, wissend, dass viele hannoversche Juden nach Riga in den Tod geschickt wurden. Daran erinnern wir jedes Jahr im Dezember. Ich finde, es ist an der Zeit, dass die Stadt Hannover sich in einem öffentlichen Protest an die Stadt Riga wendet und das Verbot jenes braunen Marsches fordert. Auch damit würde sie den Ermordeten die Ehre erweisen, die ihnen zukommt, so, wie wir heute Orli Wald die Ehre erweisen.
Zu der jährlichen Gedenkveranstaltung hatte die Otto-Brenner-Akademie eingeladen. Mit dabei waren auch die Falken Hannover die einen kurzen Lebenslauf von Orli Wald vortrugen und eine Abordnung der Aurelia-Wald-Gesamtschule aus Uetze.
Bildquellen / Copyright:
- Grab von Orli Wald mit roten Nelken: Otto-Brenner-Akademie e.V.